Steinbrück und die Medien

Elefant im Porzellanladen?

Wenn ich Kommunikationsberater wäre, würde es mir bei einem Klienten wie Peer Steinbrück kalt den Rücken herunterlaufen. Der Mann scheint ja förmlich auf der Suche nach Fettnäpfen sein, in die er dann mit Freude springen kann. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Mann hat ein wirkliches Kommunikationsproblem und er ist auf dem besten Wege, dies zu einem Glaubwürdigkeitsproblem werden zu lassen.

Person vs politischer Inhalt

Deswegen würde ich aber noch keinen Artikel schreiben, da es mir immer mehr um die Inhalte als die Verpackung geht und ich das Ganze als SPD-Problem auf sich beruhen lassen könnte. Der Grund für diesen Artikel ist vielmehr mein Bestürzung, wie manipulativ einige Presseerzeugnisse derzeit seine Aussagen instrumentalisieren, um ihm das Image eines raffgierigen Egozentrikers anzuhängen, bzw. dieses Image weiter zu verstärken. Dadurch wird nämlich nicht nur ein Politiker persönlich diffamiert (mein Mitleid hält sich hierbei in Grenzen), sondern es wird vor allem die wichtige Debatte um die politischen Programme in den Hintergrund gedrängt.

Rückblick

Zuerst waren Steinbrücks Nebeneinkünfte im Zentrum einer Debatte, die jedoch sehr schnell verstummte, als er eine vollständige Offenlegung der Bezüge aller Abgeordneten forderte. Die Regierungsparteien, die schon seit Jahren die Umsetzung der UNO-Konvention gegen Korruption verhindern, waren auf einmal nicht mehr davon begeistert, dass der Geist der Transparenz aus der Flasche gelassen worden war (siehe hierzu die Übersicht bei Spiegel Online). Das nachlassende Interesse der Medien an dieser Thematik ist fast schon besorgniserregend. Anstatt die Forderung nach vollständiger Transparenz der Abgeordnetenbezüge in den Mittelpunkt einer sachlichen und längerfristigen Berichterstattung zu stellen und den öffentlichen Druck aufrecht zu erhalten, verschwand das Thema in der Schublade und eine andere Sau wurde durch’s Dorf getrieben: Das Kanzlergehalt.

Das unglückselige Interview von Steinbrück in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung wurde jedoch oft verkürzt und tendenziös widergegeben. Auf die Frage, ob die Kanzlerin zu wenig verdiene, antwortete er:

Ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu wenig – gemessen an der Leistung, die sie oder er erbringen muss und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weit weniger Verantwortung und viel größerem Gehalt.

Das ist zwar unglaublich dumm formuliert und eine Steilvorlage an den politischen Gegner, aber dennoch nur eine Feststellung. Es ist eine Aussage, der man zwar nicht unbedingt zustimmen muss, die man aber mit Fakten belegen kann.
Haben sie sich beispielsweise schon einmal die Einkommen der Intendanten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angesehen? Laut Handelsblatt käme Frau Merkel da nur auf den fünften Rang und im Gegensatz zu einer Sparkasse, die sich im Markt behaupten muss, kann man sich nicht aussuchen, ob man den GEZ-Beitrag bezahlt oder nicht (aber das ist schon wieder eine andere Diskussion).

Die Aussage von Steinbrück wird aber leider nicht wörtlich widergegeben, sondern findet unter der Überschrift „Steinbrück fordert höheres Kanzlergehalt…“ Einzug in den Blätterwald. Wer es nicht glaubt soll einfach einmal die Suchmaschine anwerfen.

Dies suggeriert, dass Steinbrücks erste Amtshandlung als Kanzler, die Erhöhung seiner eigenen Bezüge sein würde, was er aber so nie gesagt, geschweige denn gefordert hat.
Ich hätte mir von den Medien gewünscht, dass eine Debatte über politische Themen im Vordergrund der Berichterstattung steht. Für mich als Wähler ist beispielsweise die Transparenz der Einnahmequellen meiner Abgeordneten wichtiger als deren absolute Bezüge.

Um nicht missverstanden zu werden. Dieser Artikel soll keineswegs eine verdeckte Unterstützung irgendeiner politischen Partei darstellen. Nichts läge mir ferner. Ich wollte jedoch aufzeigen, wie einfach man heutzutage manipuliert und in Scheindebatten hineingezogen werden kann, wenn man sich damit begnügt, ein „Überschriftenleser“ zu sein und den Sachverhalten nicht selbst nachgeht. Personalisierte Wahlkämpfe, bei denen die Sachthemen in den Hintergrund treten, empfinde ich eher als eine Bedrohung denn als eine Bereicherung der politischen Diskussion.

2 thoughts on “Steinbrück und die Medien”

  1. “Der Mann hat ein wirkliches Kommunikationsproblem und er ist auf dem besten Wege, dies zu einem Glaubwürdigkeitsproblem werden zu lassen.” Ich finde Herrn Steinbrück sehr glaubwürdig: Ihm geht es vor allem um sein persönliches Einkommen. Das ist an sich in Ordnung, doch genau deshalb ist er als Kanzlerkandidat oder gar Kanzler völlig ungeeignet. Das gilt übrigens nicht nur für den Staat und die Bürger, sondern auch Herrn Steinbrück selbst, der auf andere Weise sein eigentliches Ziel besser erreichen und viel mehr verdienen könnte.

    “‘Ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu wenig […]’ Das ist zwar unglaublich dumm formuliert und eine Steilvorlage an den politischen Gegner, aber dennoch nur eine Feststellung. Es ist eine Aussage, der man zwar nicht unbedingt zustimmen muss, die man aber mit Fakten belegen kann.” Das ist keine normale Feststellungen, die durch Fakten belegbar wäre, sondern eine Wertung. Der Vergleichsmaßstab sind Gehälter in der freien oder auch gemischten (zwischen öffentlich und privat wie Sparkassen) Wirtschaft in völliger Verkennung der völlig anderen Situation bei Staatsdienern. Steinbrück war lange Minister (= Diener) und müsste es eigentlich besser wissen.

    “Personalisierte Wahlkämpfe, bei denen die Sachthemen in den Hintergrund treten, empfinde ich eher als eine Bedrohung denn als eine Bereicherung der politischen Diskussion.” Die SPD könnte auch über Sachthemen Wahlkampf führen. Niemand hat sie gezwungen, einen völlig ungeeigneten Kanzlerkandidaten zu nominieren und medial (katastrophal) zu vermarkten.

    1. Danke für die Anmerkungen. Ich denke zum ersten Punkt kann man verschiedener Meinung sein. Ich kann in den Mann auch nicht reinsehen und kenne seine wirklichen Absichten nicht.

      Zum zweiten Punkt gebe ich Ihnen grundsätzlich Recht. Allerdings hat Steinbrück ja explizit auf die Verantwortung der Kanzlerin verwiesen und diese mit Posten in der Wirtschaft verglichen. Es werden also nicht unbedingt Äpfel mit Birnen verglichen aber der Vergleich Politik und Wirtschaft hinkt etwas.

      Beim dritten Punkt bin ich unterschiedlicher Meinung. Steinbrück agiert zwar wirklich tölpelhaft, aber ich finde die Medien übertreiben hier etwas, wohingegen politische Streitpunkte eher auf den hinteren Zeitungsseiten verschwinden.

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