Fragen zur Presseerklärung der CDU/CSU Fraktion zum Leistungsschutzrecht

Die Presseerklärung

Ich muss zugeben, dass ich dem neuen Leistungsschutzrecht für Verlage äußerst skeptisch gegenüberstehe. Das soll aber nicht das Thema meines heutigen Artikels sein (siehe hierzu: Carta, Netzpolitik, Lobo, Niggemeier, Cicero aber auch BVDZ).

Heute habe ich einige Fragen zur Presseerklärung der CDU/CSU-Fraktion, welche der kultur- und medienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Wolfgang Börnsen, abgegeben hat.

Nachdem Wolfgang Börnsen im ersten Absatz das neue Gesetz im Namen der Fraktion begrüßt, stellt er im zweiten Absatz das Eintreten der Fraktion für den Schutz des geistigen Eigentums und das Verständnis der Fraktion für die Anliegen der Presse heraus. Dieses Anliegen der Presse sei die Möglichkeit, sich gegen eine kostenfreie Nutzung ihrer Angebote im Internet zur Wehr zu setzen und eine Gegenleistung dafür zu erhalten. So weit so gut. Man mag aus gutem Grunde nicht alle diese Argumente teilen, aber dazu mehr in einem späteren Artikel.
Besonders überrascht hat mich aber dann der folgende dritte Absatz, den ich gerne zitieren würde, solange ich das noch darf:

Darüber hinaus hätten die Presseunternehmen gegen Internetriesen wie Google ohne eine gesetzliche Regelung kaum eine Chance auf Durchsetzung ihrer Eigentumsrechte. Die tägliche, mühsame und eben nicht nur finanziell aufwändige Leistung bei der Erstellung von Nachrichten wird durch das Leistungsschutzrecht endlich anerkannt. Verleger müssen ebenso gut von dem Recht Gebrauch machen wie Journalisten.

Welche (Eigentums)rechte?

Hier wird davon gesprochen, dass die Presseunternehmen ohne die gesetzliche Regelung kaum eine Chance hätte ihre Eigentumsrechte durchzusetzten. Mich würde an dieser Stelle interessieren, von welchen Eigentumsrechten der Mann eigentlich spricht. Mit dem Leistungsschutzrecht soll ja erst ein eigenes eigentumsähnliches Recht für die Verlage begründet werden, bisher haben die Verlage ja eben keine eigenen Rechte.

Wenn Wolfgang Börsen von eigenen Eigentumsrechten spricht, könnte er natürlich auch die Nutzungsrechte an den Urheberrechten der Autoren meinen, welche oft an die Verlage abgetreten werden. Um diese abgeleiteten Rechte durchzusetzen, bedarf es allerdings keines neuen Gesetzes, sondern das können die Verlage auch schon jetzt. Zugegebenermaßen ist dies nicht einfach und oft mit Aufwand verbunden. Da es jedoch gemeinhin üblich ist, dass jemand der etwas haben will auch beweisen muss, dass es ihm gehört, sollte dieser Grundsatz eigentlich auch hier gelten.

Auch der letzte Satz des Absatzes „Verleger müssen ebenso gut von dem Recht Gebrauch machen wie Journalisten“ verstehe ich nicht. Welches Recht ist gemeint? Das allgemeiner Recht kann es ja nicht sein, wir leben ja bereits in einem Rechtsstaat, wo keiner gehindert wird vom Recht Gebrauch zu machen. Vom neuen Leistungsschutzrecht für Presseverlage? Na ja, von dem können die Journalisten ja genau nicht Gebrauch machen. Oder sind das Urheberrecht und die davon abgeleiteten Rechte gemeint? Davon können sowohl Journalisten wie auch Verlage bereits jetzt ohne Leistungsschutzrecht Gebrauch machen.

Die Verlage selbst haben ja in einer Stellungnahme des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger den Ruf nach dem Leistungsschutzrecht nicht damit begründet, dass grundsätzlich ein Recht fehlt, sondern dass ein eigenes Recht fehlt, welches einfach durchsetzt werden kann:

Besteht überhaupt eine Gesetzeslücke?

Ja. Den Presseverlagen ist für deren Leistung noch kein eigenes Recht eingeräumt. Sie sind daher bislang gezwungen, aus abgetretenen Rechten (der Urheber) vorzugehen, um ihre eigene Leistung als Werkmittler zu schützen. Dies erschwert den Rechtsschutz erheblich.

Was erschwert die Rechtsdurchsetzung?

Hier stellt sich der geneigten Leser aber zu Recht die Frage, was denn den Rechtsschutz erheblich erschwert. Aber auch bei dieser Frage wird man in der Stellungnahme fündig:

Ist die Einführung eines Leistungsschutzrechtes für Verlage erforderlich?

Ja. Verlage können bislang nur aus abgeleiteten Rechten der Urheber gegen Rechtsverletzungen im Internet vorgehen. Da Verlage zum Teil mehrere tausend Journalisten, Fotografen, Grafiker etc. mit oft sehr unterschiedlichen Verträgen beschäftigen, erweist sich die Rechtsverfolgung mit abgeleiteten Rechten, insbesondere bei systematischer Ausnutzung der Presseinhalte durch Dritte, als unrealisierbar.

Der Verlag muss in jedem einzelnen Prozess gegen einen Verletzer das Bestehen ausschließlicher Nutzungsrechte an jedem übernommenen Beitrag beweisen. Das ist aufwendig und scheitert spätestens dann, wenn der Journalist dem Verleger, was jedenfalls im Bereich der Tageszeitungen den gesetzlichen Normalfall darstellt, lediglich einfache Nutzungsrechte eingeräumt hat. Dann ist der Verleger in jedem Einzelfall auf die prozessuale Mitwirkung des Journalisten angewiesen. Das führt bei den massenhaften Rechtsverletzungen zu unüberwindbaren Problemen und nicht selten dazu, auf die Geltendmachung von Rechten ganz verzichten zu müssen, weil Aufwand und Nutzen einer Rechtsverfolgung außer Verhältnis stehen.

Da sind wir also dann schon bei des Pudels Kern. Weil die Verlage die Übersicht über die Verträge mit ihren Autoren verloren haben oder diese unklar formuliert sind und es ihnen daher schwerfällt, ihre abgeleiteten Rechte zu beweisen, soll ein neues Recht her, welches schnelle und einfacher durchzusetzten ist. Ob es sich dabei um die Rechtsdurchsetzung gegenüber einem „Internetriesen“ wie Google oder einem kleinen Blogger handelt dürfte hierbei relativ egal sein. Wenn man Schwierigkeiten hat, seine Ansprüche zu beweisen, weil man den Überblick darüber verloren hat, ist die Person des Anspruchsgegners eher irrelevant.

Schlussfolgerung

Ich kann mir nicht helfen, für mich hätte die Fraktion besser das folgende Statement abgegeben:

Wir befürworten den Schutz des geistigen Eigentums und dessen Durchsetzung auch im Internet. Leider waren die Presseverlage in der Vergangenheit bei der Vertragsgestaltung und in ihrem Ablagesystem etwas schlampig und desorganisiert. Da man ihnen aber nicht zumuten kann, eine Vertragsdatenbank einzurichten und zu pflegen, haben wir uns entschlossen, ihnen ein neues Recht in die Hand zu geben, bei dem sie sich den ganzen Aufwand sparen können.

Vielleicht wäre das ehrlicher gewesen. Was meint ihr?

4 thoughts on “Fragen zur Presseerklärung der CDU/CSU Fraktion zum Leistungsschutzrecht”

  1. Ich finde was hier nicht ganz klar wird ist, dass Presseverleger sehr wohl eine extrem wirksame Möglichkeit haben um Suchmaschinen an der Indizierung und auszugsweisen Anzeige (ca. 140 Zeichen) ihrer Erzeugnisse zu hindern. Das ist kein Hexenwerk, schon so alt wie Google selbst und jedem Betreiber einer Webseite zuzumuten. Es kann innerhalb von einer Minute in der Seite eingebaut werden:

    Das macht jedoch keiner der Anbieter! Und warum? Weil sie den ganzen Traffic den Google ihnen bringt gerne in Anspruch nehmen… Der ist nämlich die Gegenleistung dafür, dass Google winzige Ausschnitte aus Texten einblendet. Und die Texte, die dort eingeblendet werden, werden sogar extra für die Anzeige in den Suchmaschinen optimiert verfasst. Alles nur, damit Google möglichst viele Besucher vermittelt.

    1. Ja, da gebe ich dir völlig Recht. Aber wie gesagt, ich wollte nur die Presseerklärung in Frage stellen. Über den Sinn und Zweck des Gesetzes wollte ich mir einen weiteren Artikel gönnen.

  2. Von der CDU/CSU kann man im Moment nun wirklich keine rationale Argumentation erwarten – was die Presseerklärung anbelangt und die Logik hinter dem Gesetzesentwurf bewegt sich auf dünnem Eis, was auch kein Geheimniss ist.

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