Das Primat der Politik

Besonders von Politikern wird im Zusammenhang mit der Eurokrise gerne und oft das Primat der Politik eingefordert. Nicht die Märkte sollen den Staaten das Handeln diktieren dürfen, sondern politische Prozesse allein sollen staatliches Handeln bestimmen. Auch unter der Wählerschaft ist diese Ansicht sehr populär, da sie das Gefühl vermittelt, man könne sich über Sachzwänge erheben und seine Zukunft ohne den Ballast der Vergangenheit selbst bestimmen. Leider ist dem nicht so. Verteilungskämpfe scheuend haben die Politik und die Wähler in der Vergangenheit gemeinsam ein System gestaltet, bei dem Wahlversprechen gegeben und angenommen wurden, die Bezahlung der selbigen jedoch in die Zukunft und zu zukünftigen Generationen hin verschoben wurde. Es war einfach einfacher, Wohltaten durch Schulden zu finanzieren, als eine anstrengende Verteilungsdiskussion zu führen. Dabei vernachlässigten die beteiligten Parteien jedoch sträflich, dass damit ein dritter Stuhl an den Verhandlungstisch gerückt wurde auf dem der Markt Platz nahm. Das Primat der Politik wurde dadurch schleichend an den Markt verkauft und politisches Handeln machte sich mehr und mehr von den Finanzmärkten abhängig.

Der Markt, auf dem die Schulden aufgenommen wurden um den Einzug in die Parlamente, die Steuergeschenke und den Sozialstaat zu finanzieren, hat nunmehr erstmals seine Stimme erhoben und seinerseits Forderungen gestellt. Und ehrlich gesagt, mischt er sich dabei ja nicht einmal sonderlich in die Politik ein, sondern stellt nur eine einfache Minimalforderung: Er fordert, dass die aufgenommenen Schulden auch irgendwann einmal wieder von den folgenden Generationen zurückgezahlt werden können. Mit dieser Forderung stoppt er jedoch erstmals den so angenehmen Kreislauf, heutige Schulden mit höheren zukünftigen Schulden zurückzuzahlen.

Alle Politiker und Wähler, die nunmehr darüber klagen, dass der politische Spielraum durch die restriktive Schuldenvergabe des Kapitalmarktes eingeengt wird, vergessen dabei, dass es der Kapitalmarkt ist, der damit als Treuhänder der zukünftigen und zum Teil ungeborenen Generationen handelt. Eine Aufgabe, die von den letzten Generationen und den heutigen Akteuren sträflich vernachlässigt wurde.