Die Bankenunion – Ein weiteres Danaergeschenk?

Die Bankenunion

Die Bankenunion schein langsam Fahrt aufzunehmen und man sollte sich Gedanken darüber machen, wohin dieser Zug eigentlich rollt und aufpassen dabei nicht selbst unter die Räder zu kommen. Dies gilt umso mehr, als im Euroraum das Volumen der Bankschulden das Volumen der Staatschulden um ein Vielfaches übersteigt:

Die Schulden der Banken im Euro-Raum sind dreimal so hoch wie die Staatsschulden aller Euro-Länder (Quelle: FAZ)

Die schöne neue Welt

Bisher hat es die Politik, meisterlich verstanden, die drei wesentlichen Kernbestandteile der Bankenunion mit euphemistischen Schlagwörtern an den Mann zu bringen.

  • Einheitliche Spielregeln und ein Schiedsrichter – Systemrelevante europäische Banken sollen einer einheitlichen Regulierungsbehörde und einheitlichen Regeln unterstellt werden.
  • Eine Bankenkrise soll sich nicht zu einer Länderkrise ausweiten können – Durch die direkte Rekapitalisierung gefährdeter Banken durch den ESM soll es nicht mehr notwendig sein, dass sich Länder zu deren Rettung weiter verschulden.
  • Die Finanzindustrie und nicht der Steuerzahler soll für kollabierende Banken die Rechnung zahlen – Durch einen gemeinsamen, europaweiten Einlagensicherungsfonds soll die Finanzindustrie selbst die Folgen zukünftiger Bankenpleiten tragen.

Die Schattenseite der Medaille

Alles in allem klingen obige drei Punkte gut, aber wer sich die Mühe macht, hinter die Kulissen zu sehen, wird bald feststellen, dass es sich hier wohl nur um ein weiteres Danaergeschenk handelt. Man kann die drei Punkte nämlich auch anders betrachten:

Einheitliche Spielregeln und ein Schiedsrichter

Ich bin ein starker Verfechter einheitlicher Spielregeln und habe daher vom Prinzip her nichts gegen eine einheitliche und auch zentrale Bankenregulierung. Leider haben wir aber in der Vergangenheit in Europa schon mehrfach die Erfahrung gemacht, dass es auf die Spielregeln eigentlich gar nicht ankommt. In Europa scheinen vertragliche Grundlagen beliebig dehnbar und es ist daher wichtiger, wer die Regeln auslegt und über deren Anwendung entscheidet. Leider haben die Regierungen diesbezüglich wieder einmal den Bock zum Gärtner gemacht. Indem die bestehenden EU-Verträge wieder bis zum Äußersten uminterpretiert werden (wenn wundert es), soll diese Regulierungsinstanz unter dem Dach der EZB aufgehängt werden. Was für ein Interessenskonflikt. Natürlich wird die EZB zukünftig noch mehr darauf aufpassen, dass sie mit einer eventuell notwendigen Zinserhöhung nicht Banken auslöscht, die von ihr beaufsichtig werden. Was das für die Unabhängigkeit der Geldpolitik bedeutet, kann sich ja jeder vorstellen .

Aber auch die Abstimmungsregeln innerhalb des Gremiums sollen den Abstimmungsregeln innerhalb der EZB entsprechen: Jedes Land soll eine Stimme bekommen. Man scheint aus den Fehlern der Vergangenheit nichts, aber auch gar nichts gelernt zu haben.

Besonders die stark verschuldeten Länder, die auf die heimischen Banken als Käufer ihrer Staatsanleihen angewiesen sind, werden auf eine großzügige diesbezügliche Regulierung drängen. Es ist anzunehmen, dass man sich wie immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt. Man kann ja schon jetzt sehen, welche Wertpapiere die EZB als Sicherheit akzeptiert. Bei der Einschätzung ob eine Bankbilanz noch tragfähig ist oder nicht, werden bestimmt dieselben großzügigen Kriterien Anwendung finden. Die fehlende demokratische Kontrolle der EZB ist mit der ursprünglichen Aufgabe der Institution, der Sicherung der Preisniveaustabilität, gerade noch so begründbar, da man bei geldpolitischen Entscheidungen den politischen Einfluss möglichst zurückdrängen wollte. Derzeit hat die EZB ihr Aufgabenspektrum allerdings gewaltig erweitert. Sie nimmt Umverteilungsaufgaben wahr (Intervention auf den Anleihemärkten), diktiert einzelnen Ländern die Haushaltspolitik und jetzt kommt auch noch die Bankenaufsicht dazu. Nach meinem Geschmack ist das etwas zu viel Macht für eine “unabhängige” Institution.

Für Politiker ist es zwar einfacher, unangenehme Aufgaben an eine “unabhängige” Institution auszulagern, da sie für deren Handlungen dann nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden können. Es wäre aber wünschenswert, wenn aus unabhängigen Institutionen nicht unkontrollierbare Institutionen werden, die sich ihren Handlungsrahmen selbst festlegen.

Eine Bankenkrise soll sich nicht zu einer Länderkrise ausweiten können

Auch dieses Statement klingt auf den ersten Blick überzeugen. Auf den zweiten Blick sollte man sich allerdings fragen, warum bestimmte Banken direkt Zugriff auf die Steuergelder anderer Nationen haben sollen, nur weil sie zu hohe Risiken eingegangen ist, für die sie in der Vergangenheit reichlich belohnt wurden und dies auch noch unter den Augen ihrer jeweiligen Bankenaufsicht. Ich stelle mir immer die Frage, weshalb eine deutsche Supermarktkassiererin mit ihren Steuergeldern eine spanische Bank retten sollte, die sich bei Immobiliengeschäften verspekuliert hat. Das Gleiche gilt natürlich spiegelbildlich für spanische Steuerzahler und marode deutsche Banken.

Wenn ein Staat Interesse an dem Bestehen einer bestimmten Bank hat, dann soll er entweder die Gläubiger und Eigentümer der Bank für die Verluste haftbar oder es seinen eigenen Steuerzahlern begreiflich machen, warum diese für die Verluste einstehen sollen.

Es ist auch nicht zu verstehen, warum genau im Banksektor keine Marktbereinigung stattfinden darf, sondern große marode Banken mit Steuermitteln weiterhin gesunden Banken Konkurrenz machen dürfen. Auch wenn sich die EU mit der gemeinsamen Agrarpolitik schon so etwas Ähnliches leistet, ist das noch lange kein Grund, ein weiteres Fass ohne Boden aufzumachen.

Die Finanzindustrie und nicht der Steuerzahler soll für kollabierende Banken die Rechnung zahlen

Dieser Satz klingt in den Ohren der Steuerzahler besonders gut, eine gemeinsame Einlagensicherung hat aber auch einen großen Haken. Es muss verhindert werden, dass bereits bestehende Risiken auf den Fonds zu Lasten der Sparer abgewälzt werden. Keine Privatversicherter würde wohl einen sechzigjährigen, kettenrauchenden Alkoholiker als Neumitglied in seiner Versicherung begrüßen. Daher sollte dieses Vorgehen auch beim Einlagensicherungsfonds beachtet werden. Ich habe bei einem grenzüberscheitenden Einlagesicherungsfonds eigentlich vielmehr die Befürchtung, dass damit Risiken aus einem Land zu den Sparern eines anderes Land transferiert werden und auch das dortige Finanzsystem indirekt destabilisieren.

Und jetzt?

Ich denke, die Risiken einer Bankenunion überwiegen deren Vorteile bei weitem. Gegen ein einheitliches aufsichtsrechtliches Regelwerk und einen neutralen Schiedsrichter, so es den gäbe, ist zwar nichts einzuwenden, allerdings teile ich nicht die Hoffnung auf die “modernste Aufsichtsstruktur der Welt“.

Ich hege vielmehr die Vermutung, dass unter dem Deckmantel der Bankenunion nur eine weitere Vergemeinschaftung der Schulden vorangetrieben werden soll. Wieder einmal sollen nicht die Gläubiger oder die Eigentümer der Banken für die eingegangenen Risiken haften, sondern die Steuerzahler und die Sparer.

One thought on “Die Bankenunion – Ein weiteres Danaergeschenk?”

Comments are closed.