Europa – Die Serie und der Cliffhanger Griechenland

Europa – Die Dramaturgie der ersten Staffel

Gerade wird der letzte Akt der griechischen Tragödie auf Europas Bühne vorgetragen. Die griechische Regierung scheint dabei abwechselnd auf eine Zugabe unter Mitwirkung der bekannten Akteure (EZB, IWF etc.) oder auf das Auftreten eines Deus Ex Machina (Russland, China) zu setzen und das Publikum, d.h. der Steuerzahler, ist schon gespannt darauf, wie sich diese verfahrene Situation lösen lässt. Griechenland wird somit zum “Cliffhanger” der Serie Europa, für die gerade das Drehbuch der nächsten Staffel geschrieben wird.

Ob die Tragödie der ersten Staffel nun 2001 ihren Anfang nahm, als Griechenland der Eurozone beitrat oder erst 2010, als es “gerettet” werden musste, ist bei dieser Betrachtung eigentlich auch schon egal, beides Mal wurden die gleichen Fehler begangen:

Europa ist nicht nur eine Wertegemeinschaft, sondern die Europäische Union ist auch eine Vertragsgemeinschaft. Verträge sind allerdings umso weniger wert, je weiter sie gedehnt und je öfter sie gebrochen werden. Wenn dies zu oft passiert, werden aus Verträgen nur noch unverbindliche Absichtserklärungen, die je nach politischer Grosswetterlage beliebig ausgelegt werden können. Dies gilt nicht nur für die Europäische (Währungs-)Union als Ganzes, sondern auch für deren gemeinschaftlichen Institutionen, wie z.B. die EZB. Wie man an der Ausdehnung des Mandats der EZB und der Überprüfung der derzeitigen Stabilitätskriterien durch die Europäische Kommission sehen kann, hat man aus diesem Fehler noch nichts gelernt.

In der Griechenlandkrise wurde dann aber noch ein weiterer schwerer Fehler gemacht, der langfristig das gesamte europäische Projekt gefährdet. Verluste privater Investoren wurden auf die nationalen Steuerzahler verlagert und nicht von denen getragen, die die Risiken eingegangen waren. Diese führte dazu, dass nunmehr Staaten und nicht mehr private Investoren mit Griechenland über die Schulden verhandeln mussten. Der Konflikt zwischen Gläubigern und Schuldnern wurde somit zu einem zwischenstaatlichen Konflikt. Etwas Schlimmeres hätte der Serie nicht passieren können.

Was kommt nach dem Cliffhanger Griechenland?

Wie soll es jetzt aber in der zweiten Staffel weitergehen? Gute Frage, aber was ist die Antwort? Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder besinnt man sich wieder auf die Vertragstreue und setzt die Verträge, inklusive der Sanktionen ohne Ansicht des jeweiligen Vertragspartners durch oder man entscheidet sich, aus einem Staatenbund einen Bundesstaat zu schaffen. Dies muss dann aber mit einer weiteren Integration einhergehen, die sowohl das derzeitige Demokratiedefizit abbaut, als auch ein umfangreiches Transfersystem etabliert. Mir fällt es schwer zum jetzigen Zeitpunkt an eine weitere Integration zu glauben. Weder sind die nationalen Regierungen bereit, ihre Macht abzugeben, noch sind die Bürger gewillt, in einem europäischen Superstaat aufzugehen. Ich bin gespannt, was die Drehbuchautoren sich für die zweite Staffel ausgedacht haben und wie sie sich einigen werden. Auf jeden Fall sollten sie versuchen, die Serie Europa weiter am Leben zu erhalten und das Publikum dafür zu begeistern.