Wachstum wohin man auch schaut
Das neue Modewort Wachstum scheint in der politischen Diskussion anscheinend die Überhand zu bekommen. Sparen? Schön und gut, aber man braucht natürlich eine Wachstumskomponente. Fiskalpakt neu verhandeln? Natürlich, wo soll denn sonst das Wachstum herkommen. Eurobonds? Warum nicht, wenn man damit Wachstum finanzieren kann.Wachstum ist das neue Ziel. Es klingt aber auch zu verlockend. Spardiktate gehörten der Vergangenheit an, die Schuldenkrise wäre ein temporäres Problem und wenn der Kuchen größer wird, gibt es natürlich auch mehr zu verteilen. Das Paradies läge einem zu Füßen.
Es ist den Franzosen daher auch nicht zu verdenken, dass sie mithilfe des Stimmzettels gegen das teutonische Spardiktat und für den südeuropäischen Wachstumspakt gestimmt haben. Warum sind wir eigentlich nicht selbst auf diese Lösung gekommen? Wir hätten uns und unseren europäischen Nachbarn viel ersparen können. Leider ist die Lösung aber nicht so einfach, wie sie scheint.
Welches Wachstum hätten sie denn gerne?
Wenn Hollande von Wachstum spricht, ist nicht davon auszugehen, dass er dabei das endogene Wachstum meint, dass entsteht, wenn man den Staatseinfluss zurückdrängt, Verwaltungsstrukturen effizienter gestaltet und Steuergesetzte vereinfacht. Eigentlich schaden, besonders Frankreich mit seiner immensen Staatsquote hätte vielfältige Möglichkeiten in diese Richtung.
Die Mär von der Investition
Es ist vielmehr zu erwarten, dass er darauf setzte, neue Schulden aufzunehmen -oder besser noch andere die Schulden aufnehmen zu lassen- und diese Gelder dann im Rahmen von staatlichen Investitionsprogrammen in die Wirtschaft fließen zu lassen. Diese staatlichen Investitionsprogramme werden im Zweifel aber eher staatlichen Ausgabeprogrammen ähneln, denn wirklichen Investitionen. Staatsausgaben die Frankreich (und auch die anderen Länder) aufgrund ihrer Haushaltssituation nicht mehr finanzieren können, werden wahrscheinlich als wachstumsförderliche Investition deklariert und über den Umweg der EU finanziert. Es sieht so aus, als wolle Frankreich damit vom Geber- ins Empfängerlager überwechseln.
Kein Wunder, dass der Applaus bei den meisten europäischen Anrainern groß ist. Ist es im Geberlager doch schon ziemlich einsam geworden. Die Krux an der Sache ist, dass es sich hierbei aller Voraussicht nach nicht um ein temporäres Problem handln wird. Es ist zu befürchten, dass dieses Investitionsprogramm eher den Investitionen ähneln wird, die der italienische Norden in den italienischen Süden pumpt.
Welche Investitionen sind denn überhaupt sinnvoll, wo sollen sie hinfließen und wer entscheidet darüber? Kann es sein, dass nicht wettbewerbsfähige Unternehmen über den Umweg der EU mit Subventionen am Leben erhalten werden, weil sie sich in der Vergangenheit nicht an die geänderten Bedingungen angepasst haben? Kann es sein, dass Länder wie Italien auf europäische Subventionen zurückgreifen können und die italienischen Privatvermögen geschont werden?
Die Antwort auf diese Fragen ist natürlich Nein. Nachlässigkeiten der einzelnen Staaten oder einzelner Industrieunternehmen dürfen nicht mit Quersubventionen belohnt werden. Konkurrenz zwischen den Unternehmen aber auch den einzelnen europäischen Ländern darf nicht wegsubventioniert werden, sondern eine Marktbereinigung ist wünschenswert, da nur dadurch Ressourcen freigesetzt und einer neuen Verwendung zugefügt werden können.
Es ist daher an der Zeit, mit den anderen Beteiligten offen zu reden und seine Argumente auszubreiten. Das mag zwar bei unseren Nachbarn erstmals auf Unverständnis und Widerspruch stoßen, an den Argumenten gibt es hingegen wenig auszusetzen. Von Ländern wie Luxemburg und den Niederlanden, die schon heute eine viel größere Last als Deutschland zu tragen haben, könnte man Unterstützung erwarten.
Schlimm wird es erst, wenn die Transfers einmal geleistet wurden und man später darauf besteht, dass sie eingestellt werden. Unverständnis könnte in offene Antipathie umschlagen, denn es ist immer einfacher, etwas nicht zu geben, als etwas Gegebenes zurückzufordern.