Und schon wieder das E-Wort

Eurobonds waren schon in der Vergangenheit ein Streitthema zwischen Frankreich und Deutschland und mit dem neuen französischen Präsidenten ist es so gut wie sicher, dass es auch in Zukunft so bleiben wird. Francois Hollande hat seinen ersten G8-Gipfel geschickt genutzt, um bei anderen Staaten für dieses Finanzierungsinstrument zu werben und es ist zu erwarten, dass er die Forderung nach Eurobonds beim morgigen informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs erneut auf deen Tisch legen wird. Die deutsche Haltung zu dieser Finanzierungsform, bei der die schwächeren Staaten von den niedrigeren Zinsen der stärkeren Staaten profitieren, war bisher relativ eindeutig und zwar ablehnend.

Allerdings habe ich das Gefühl, dass diese ablehnende Haltung in letzter Zeit etwas aufgeweicht wurde. Einerseits wird ernsthaft die Einführung von Euro-Projektbonds erwogen, andererseits werde ich immer nervös, wenn Politiker ihren ablehnenden Standpunkt temporär differenzieren und Formulierungen wie “zur Zeit”, “derzeit” oder zum “jetzigen Zeitpunkt” verwenden (vgl. Spiegel Online):

“Euro-Bonds zum jetzigen Zeitpunkt signalisieren zu niedrige Zinsen und nehmen den Druck auf die Anpassung der europäischen Volkswirtschaften”, sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter (CDU), am Montag im “Deutschlandfunk”.<

Wenn gemeinschaftliche Bonds jedoch wirklich der Herzenswunsch einiger Länder sein sollte, dann würde ich einer Koalition der Wollenden aber auch nicht gänzlich im Wege stehen, sondern es sollte denjenigen Ländern, die gemeinsame Bonds wollen, freigestellt werden, diese auch gemeinsam aufzulegen. In dieser Beziehung kann ich mich der Forderung des Unionsfraktonsvize Michael Meister (CDU) nur voll anschließen (vgl. Handelsblatt):

Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) hat den Euro-Bonds-Befürwortern Frankreich und Italien vorgeschlagen, gemeinsame Staatsanleihen aufzulegen. „Die Staaten, die die Euro-Bonds fordern, können zusammen gemeinsame Bonds herausgeben“, sagte Meister der „Rheinischen Post“.
Es ist zwar nur eine Vermutung, aber ich denke die französischen Wähler würden kaum Enthusiasmus für eine solche Form der “kleinen Euro-Bonds” hegen, bei der Frankreich der Hauptbürge für die Schulden anderer Länder ist.

Nun aber genug der schlechten Nachrichten für Monsieur Hollande. Wir sollten auch eine frohe Botschaft für ihn haben. Und fürwahr es gibt eine frohe Botschaft: Es gibt die Eurobonds bereits (obschon nicht in der Ausgestaltung, die den fordernden Ländern behagt). Die Eurorettungschirme EFSF und ESM sind wirtschaftlich nichts anderes als Eurobonds. Die Gelder der Rettungschirme werden von allen Euro-Mitglieder garantiert und der EFSF emittiert bereits Bonds, die von den Euro-Mitgliedern garantiert werden. Nun fragt man sich als Leser natürlich zu Recht: “Warum dann die ganze Aufregung?”. Die Antwort ist einfach, wird aber nicht gerne thematisiert: Während bei den Rettungsschirmen klar geregelt ist, wer unter welchen Bedingungen Gelder erhält, wird dies bei den Eurobonds noch absichtlich im Unklaren gelassen. Es ist zu erwarten, dass die Hauptunterschiede der beiden Finanzierungsformen in folgenden drei Punkten zu sehen sind:

  • Länder, welche sich unter den Rettungsschirm begeben, werden stigmatisiert, Eurobonds kann man als clevere, fortschrittliche Finanzierungsalternative verkaufen. Niemand würde ein Land stigmatisieren, welches sich aus diesem Topf bedient.
  • Gelder aus den Rettungsfonds haben den unangenehmen Nebeneffekt, dass sich die Empfangsländer zu strikter Haushaltsdisziplin verpflichten müssen. Eurobonds hingegen könnten wohl ohne harte Bedingungen in den Staatshaushalt fließen und verbraucht werden. Auch wenn sich die Empfängerländer damit brüsten werden, “Wachstum” zu finanzieren, werden die Gelder wohl verwendet werden, um Haushaltslöcher zu stopfen und notwendige aber unpopuläre Strukturreformen zu verschleppen.
  • Es ist anzunehmen, dass die Frage, wer wie viel von den emittierten Eurobonds bekommt, wohl auf die Ebene der EU verlagert, d.h. eine politische Entscheidung sein wird. Die fordernden Länder wie Frankreich und Italien werden wohl darauf bestehen, dass die Entscheidungen ähnlich wie bei der EZB von einem “unabhängigen” aber dennoch politischem Gremium oder von der Kommission getroffen werden. Während Deutschland beispielsweise beim ESM ein Stimmgewicht von 27% innehat, welches dem Anteil seiner Verpflichtungen entspricht und einer Sperrminorität gleichkommt, ist dies auf Ebene der Kommission und der EZB nicht der Fall.

Es ist nur zu hoffen, dass sich die Regierung auch gegenüber den Wählern und Steuerzahlern endlich wieder vertragstreu verhalten wird und darauf besteht, dass jedes Land für seine Schulden selbst verantwortlich ist und nicht darauf bauen darf, von andern Ländern längerfristig finanziert zu werden. Mit den direkten Zahlungen an Griechenland, der Implementierung der Rettungsschirme und der Aufweichung des Mandats der EZB sind wir schon viel zu weit an der Rand des ursprünglich beschrittenen Weges gedrängt worden, mit der Einführung von Eurobonds würden wir ihn endgültig verlassen.