Die Taschen der Anderen

Wenn man glauben darf, was man derzeit in der Presse lesen kann, wird bereits jetzt versucht, die Vergabekriterien für Hilfszahlungen aus den noch nicht vollständig aufgespannten Euro-Rettungsschirmen zu verändern.

Ursprünglich waren die Vergabekriterien des EFSF und des ESM ganz einfach gehalten: Wenn ein Land der Eurozone seine Schulden auf dem freien Markt nicht mehr finanzieren kann, kann es sich an die Rettungsschirme wenden und erhält von dort Unterstützung. Diese Unterstützung ist allerdings mit Auflagen verbunden, welche die hilfesuchenden Regierungen meist zu unpopulären Sparprogrammen verpflichtet. Kein schöner Gedanke für eine Regierung, die in einer Demokratie ja immer auf das Wohlwollen der Wähler angewiesen ist.

Zurecht besonders unpopulär bei den Wählern sind Hilfen für Banken, welche an der derzeitigen Krise eine nicht unerhebliche Mitschuld tragen. Es ist schwer zu vermitteln, wenn man Rentnern und Arbeitslosen die Bezüge kürzt, nur um Banken zu retten, die in der Vergangenheit von den hohen eingegangenen Risiken profitiert haben. Wenn ich hier gemeinhin von Banken spreche, meine ich das gesammte Bankenökosystem, das bisher relativ ungeschoren davongekommen ist. Dazu gehören die Aktionäre, die Kreditgeber, die verantwortlichen Vorstände, aber auch die Aufsichtsbehörden und die dahinterstehenden politischen Kräfte (Stichwort Landesbanken).

Was liegt bei einer solchen Konstellation näher, als einfach den Staat als Mittelsmann herauszunehmen und den Kreditinstituten direkt Zugang zu den Rettungschirmen zu gewähren. Das hätte für die Politker der betroffenen Staaten den schönen Effekt, dass die Staatsverschuldung nicht steigen würde und keine Auflagen zu erfüllen wären. Die Rettungschirme und die dahinterstehenden Geberländer, hierbei vor allem Deutschland, würden notleiden Banken direkt Notkredite gewähren und natürlich auch das damit verbundenen Risiko tragen.

Schon die Griechenlandhilfe und die Installation der Rettungschirme war ein großer Fehler, da damit die disziplinierende Wirkung des Marktes gegenüber den Staaten ausgeschaltet und Verantwortung verschoben und verschleiert wurde. Eine direkte Bankenfinanzierung durch die Rettungschirme würde dieses ineffiziente System auch noch auf den Privatsektor ausdehnen.

Abgesehen von der Frage, wer dann eigentlich entscheiden und kontrollieren soll, welche Bank unter welchen Bedingungen eine Finanzierung erhält, hat dieses System noch einen weiteren Schönheitsfehler: Unsolide wirtschaftenden Banken würden durch billige Staatskredite am Leben erhalten. Ihre solide wirtschaftenden Konkurrenten würden bestraft. Durch staatliche Intervention würden die normalen Marktmechanismen weiter auf den Kopf gestellt. Große, ineffiziente, der Politik nahestehende Finanzzombies werden das Ergebnis sein.

One thought on “Die Taschen der Anderen”

  1. Sehr gelungen. Wenn man Hollande so zuhört, wird einem noch viel übler. So sollen sich künftig auch die Staaten, die in Geldnot geraten, direkt bei der EZB um Kredite bemühen dürfen, sodass auch die Sparauflagen nicht mehr einzuhalten sind. Das ganze ist eine einzige Katastrophe. Vielleicht sollte man doch über den Nordeuro, als erste Stufe eines weiterentwickelten Teils der Union (Stichwort Union der zwei Geschwindigkeiten), einführen, dem außer Deutschland, Belgien, Estland, Finnland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Slowakei und Slowenien angehören. Das ist zwar nicht optimal, aber immer noch besser, sich für knappe Länder zu verschulden bzw. tot zu sparen!

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